Stolz weihten die Eisenacher Bürger*innen mit Lessings „Minna von Barnhelm“ am 1. Januar 1879 ihr neues Theater ein. Die dafür nötigen Gelder waren jedoch nicht aus der Stadtkasse geflossen, sondern ein ortsansässiger Mäzen, der Bankier und Fabrikant Julius von Eichel-Streiber, machte der Stadt das Theater zum Geschenk. Der Bau im Stil der Neorenaissance bietet im Parkett und in den zwei Rängen Platz für 501 Zuschauer*innen. Beim Blick in die Theaterchronik fällt eine Vielzahl hervorragender Künstler*innen auf, die das Eisenacher Kultur- und Geistesleben maßgeblich geprägt haben, darunter weltbekannte Stars wie Asta Nielsen, Zarah Leander, Henny Porten, Max Reger, Adele Sandrock, Richard Strauss und Eduard von Winterstein.
Ein Auf und Ab der ökonomischen Möglichkeiten und des künstlerischen Anspruchs prägten das Gesicht des Hauses, welches nicht immer über ein eigenes Ensemble verfügte und am Beginn des 20. Jahrhunderts von zahlreichen Privatunternehmern gepachtet wurde. Nach der kriegsbedingten Schließung erfolgte bereits im August 1945 die Wiedereröffnung mit „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing. Auf Beschluss der Thüringer Regierung erhielt das Theater 1952 den Status „Landestheater“ und bekam ein eigenes Drei-Sparten-Ensemble – Schauspiel, Musiktheater und Ballett. Diesem wurde im selben Jahr die Landeskapelle Eisenach angegliedert, welche aus der Schlesischen Philharmonie Breslau hervor- gegangen war. Diese Theaterstruktur hatte jahrzehntelang Bestand.
Nach der Spartenschließung des Schauspiels im Jahr 1993 mit der letzten Aufführung „Die Dreigroschenoper“ fusionierte das Landestheater 1995 mit dem Theater Rudolstadt-Saalfeld. 2003 wurde diese Theaterehe durch den Rechtsträger Eisenach aufgelöst. 1994 begann eine Zusammenarbeit mit dem Staatstheater Meiningen, Gastspiele wurden ausgetauscht und erfolgreiche Koproduktionen entstanden.
Mit dem schrittweisen Verkleinern der Landeskapelle und der Musiktheatersparte ab 2003 begann eine harte Phase von Einschnitten und künstlerischen Einbußen. Die letzte Vorstellung mit eigenem Chor war 2004 „La Traviata“, die letzte Vorstellung des eigenen Musiktheaters 2008 „Anatevka“. Eine breite Bewegung der Eisenacher Stadtgesellschaft konnte die finale Schließung ihres Landestheaters verhindern. 2005 gelang es, eine neue Kinder- und Jugendtheatersparte – das „Junge Schauspiel Eisenach“ – zu gründen. In einer neuen Theaterstruktur für Südthüringen bespielte das Staatstheater Meiningen das Haus nicht mehr nur mit Schauspiel, sondern auch mit Musiktheater. Die Landeskapelle Eisenach hatte neben den Sinfoniekonzerten einen Schwerpunkt im Bereich Musical und Ballett. 2008 wurde das Ballett-Ensemble auf 16 Tänzer*innen vergrößert, verbunden mit einer Erweiterung des Ballettsaals durch den Freistaat Thüringen. Um das Bestehen des Theaters langfristig zu sichern, wurde das Landestheater Eisenach 2009 in die Kulturstiftung Meiningen-Eisenach überführt.
Die Landeskapelle Eisenach ging 2017 in der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach auf, welche von nun an das „Hausorchester“ für Konzerte und Ballett am Landestheater ist. Aus dem Schauspielensemble ging ein neues Kinder- und Jugendtheater als Pilotmodell hervor. Um einen ausgewogenen Abendspielplan anzubieten, entstand ein für Thüringen einmaliges Netzwerk. Dieses vielfältige und besondere Thüringer Kooperationsmodell sorgt in Gotha, Eisenach, Meiningen, Rudolstadt und der gesamten Region für ein breites Kulturangebot und erhält gleichzeitig die in Eisenach gewachsene Stadttheater-Struktur.
In seiner 140-jährigen Geschichte hat sich das Landestheater zu einem Mittelpunkt des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens der Stadt Eisenach und der Wartburg-Region entwickelt. Hier arbeiten rund 80 Beschäftigte aus 15 Nationen und erreichen mit ihrer Arbeit durchschnittlich 60.000 Zuschauer*innen pro Spielzeit. Mit Beginn der Spielzeit 2021–2022 übernimmt Jens Neundorff von Enzberg die Intendanz der Theater in Eisenach und Meiningen. Der langjährige Ballettdirektor Andris Plucis setzt in Eisenach seine erfolgreiche Arbeit als Künstlerischer Leiter fort. Das Junge Schauspiel unter neuer Leitung von Jule Kracht und Christoph Macha richtet seinen Spielplan in Ästhetik, Formaten und Inhalten neu aus und nimmt programmatisch Bezug auf die Lebenswelten von Kindern, Jugendlichen und Familien. Ab 2023 übernimmt Esther Jurkiewicz die Leitung der Sparte.